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Mein Roadster und ich – und die Sache mit den Küchenmessern      Ein wahrer Fan!  18.07.13   00:13:54
So kam es, dass mein Roadster und ich doch noch ziemlich beste Freunde wurden und wie ich die verschiedenen Messer in unserer Küche schätzen lernte – doch langsam, von Anfang an.

„Dieses Rad fährt ja ´von alleine“, so verhieß es der Radratgeber, ja mehr noch: „Dieses Rad macht Träume wahr. Hier können Sie schnell, ausdauernd und sportlich fahren. Und dennoch sicher und ruhig gleiten. Egal ob lange oder kurze Strecken: Der Roadster bietet Dynamik und Komfort.“

Also bestellte ich das Wunderrad, und zwar mit einer Dual-Drive-Schaltung, wegen der im Radratgeber beschriebenen Vorteile: „Hoher Wirkungsgrad, sehr gute Berggänge“ bei einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Ausstattung ansonsten: von den Maguras über den Brooks-Sattel bis zur Sugino-Kurbel, alles nur vom Feinsten.

Letztere (die Sugino-Kurbel) erwies sich mit ihrem 38-Zähne-Kettenblatt dann als ungünstig und wurde deshalb sozusagen zum Ausgangspunkt mancher Überlegungen und Umbauten zur Verbesserung der Ergonomie und Bergtauglichkeit meines Roadsters, als da wären: Montage eines 33-Zähne-Kettenblatts mit Mighty-Kurbel + Hebie-Kettenschutz, Austausch des Sram-Drehschalters und der quälenden Seriengriffe (mit der auf Touren taube Hände verursachenden dicken Mittelwölbung) gegen Sram-Trigger-Schalter + Ergon-Griffe – in dieser Kombination übrigens leider nicht direkt bei Utopia bestellbar, sondern nur beim engagierten Fachhändler mit guter Werkstatt erhältlich. Was bitte unbedingt geändert gehört!

Diese Verbesserungen brachten schon eine ganze Menge, doch meine Höhen-Touren im Bergischen Land oder im Hunsrück, sie blieben so unbefriedigend wie alle meine Versuche, mehr „Sportlichkeit“ und Agilität am Berg durch weitere Einstellungsveränderungen der Sitz- und Vorbau-Position zu erreichen, nur Unruhe in den Geradeauslauf brachten, weil sich dadurch der Schwerpunkt nachteilig veränderte.

Schließlich fand ich – nach Austausch des (meine Handgelenke mordenden) Tour-Lenkers gegen einen fantastischen (leider nicht direkt bei Utopia bestellbaren, sondern wiederum nur beim engagierten Fachhändler mit guter Werkstatt erhältlichen) Ergotec-Lenker mit wirklich ergonomischer leichter Krümmung eine ausgewogene und in der Ebene nun tatsächlich dynamischer zu fahrende Gesamtfiguration.

Aber am Berg, ja schon bei leichten Anstiegen? Trotz bester Kondition und kräftigen Waden blieb mir weiterhin nichts anderes übrig als das sattsam bekannte „Runterschalten“ – das Rad „wollte“ es einfach so. Kam eine nur etwas anspruchsvollere Steigung auch bloß in Sicht, war es, als ob mein schöner Roadster, so fühlte es sich jedenfalls an, einen Schiffsanker in den Asphalt oder Feldweg würfe! Was dann mich, seinen Fahrer, regelmäßig in Depressionen stürzte…

Denn nun hatte ich schon eine dreistellige Summe in den Umbau des (neuen!) Traumrades gesteckt, und noch immer geriet jeder Ausflug mit ein paar Prozent Steigung zum Ärgernis: Ich kam, Dank meiner Kraft, zwar (fast) immer rauf, doch Spaß machte das nicht, es blieb eine elende Kurbelei – und auch Eierei, denn bei Unterschreitung einer gewissen Mindestgeschwindigkeit (wir reden hier von mäßigem Fußgängertempo, das Übliche mit dem Roadster am richtig steilen Berg) wird der hochgelobte Geradeauslauf nach den Gesetzen der Physik zwangsläufig zum Slalomkurs.

Den von Utopia (ohne Gepäck!) immerhin „erlaubten“ Wiegetritt probierte ich vorsichtig aus – und ließ es gleich wieder. Denn die hohe Elastizität des Stahlrohrrahmens mit der innenliegenden Kreuzmuffe bedingt ein sofortiges Verziehen der Fuhre, so dass die Magura-Bremsklötze bei jedem kräftigen Tritt in die Pedale und zugleich Zug an den Lenkerenden an die Felgen zu schleifen kommen. Schwärmt der Radratgeber da von „enormer Steifigkeit“ des Rahmens, so ist dies insofern missverständlich, als dass hier allein die (allerdings) herrliche Laufkultur im „Geradeaus-Modus“ über die flache Piste oder bergab gemeint sein kann.

Wie kam es nun, dass mein Roadster und ich am Ende einer harten und am Ende auch teuren Probezeit dann doch noch ziemlich beste Freunde wurden, nachdem ich ihn eigentlich schon hatte wieder verkaufen wollen?

Irgendwann kam ich endlich dahinter, dass mit der Geometrie des „Holland-Rahmens“ mit den extrem flachen Sitz- und Steuerrohrwinkeln und dem enormen Nachlauf der weit gebogenen Gabel – und genau darum handelt es sich auch beim Roadster – eben keine Berg-Etappen zu gewinnen sind, und dass man aus einem Pudel keinen Terrier frisieren kann (auch wenn einem der Züchter das brave Tier eigentlich als Schäferhund, also als „Diensthund“ für jeden erdenklichen Einsatzzweck, zu verkaufen gesucht hatte).

Was also tat ich? Ich schlug zunächst drei Kreuze, dass ich einen schließlich schon bestellten Umbau des Roadster auf eine Rohloff-Schaltung (der rein gar nichts gebracht und geändert hätte an der besonderen Charakteristik [!] des Rades und im Übrigen mit über 1350 EUR zu Buche geschlagen hätte – das ist der Festpreis für ein fertig eingespeichtes Laufrad mit Rohloff ab Werk von Utopia inkl. der Einbaupauschale des Fachhändlers vor Ort, wie man mir dort erklärte) in quasi letzter Sekunde noch stornieren konnte.

Im Gegenzug vergütete ich meinem Händler das von mir verursachte „Hin-und-Her“ mit 75 EUR – was ihn ziemlich verblüffte. Doch das habe ich im Leben gelernt: Man darf auch gute Freundschaften nicht überspannen und muss immer fair bleiben (ein Dank an dieser Stelle auch noch an Frau Wiebe, die mir von Anfang an – ganz uneigennützig – als Alternative zur Rohloff den oben geschilderten simplen Umbau der Kurbel + kleineres Kettenblatt zu der ab Werk verbauten Dual-Drive-Schaltung im Forum vorgeschlagen hatte.)

Und dann kaufte ich mir ein Zweitrad!

Und zwar eines nur für den Berg und die sportliche Tour (von welcher Marke wird hier natürlich nicht verraten, nur so viel: es ist kein Utopia-Rad...) – und seither weiß ich, wie leicht und „anders“ das Fahren am Berg sein kann und was da möglich ist. Und auch, dass ich noch lange kein Pedelec brauche.

Und nun bin ich auch endlich glücklich mit meinem Roadster, den ich weiterhin bei trockener Witterung gern für meine Fahrten zur Arbeit (20 km einfache Fahrt) durchs Flache bis Hügelige nutze oder für die Genusstour am Fluss und die ganz kurze Fahrt zum Brötchenholen beim Bäcker.

In der Stadt (der Fahrraddiebe und Vandalen) nutze ich dann am Arbeitsplatz ein Brompton-Faltrad – ich darf vorstellen: mein Drittrad – das steht im Schrank und der Roadster parkt derweil im Büroflur, hinter verschlossener Türe. Das Brompton kann ich schließlich überall hin mitnehmen und muss es nirgends anschließen.

Es ist mit den Rädern halt so wie mit den Messern in der Küche: mit dem einen schneidet man das Gemüse, mit dem anderen das Fleisch, mit dem Dritten den Käse!



 

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